Freilichtmuseum Ferropolis - Stadt aus Eisen

Industriekultur in Sachsen-Anhalt

Von der Grube bis zur Großmaschine – Spurensuche im technischen Erbe

Zwischen Ferropolis und Mansfelder Land, zwischen Junkers-Werkhalle und Halloren-Saline spannt sich ein dichtes Netz aus Geschichten, Maschinen und Menschen. Sachsen-Anhalt zählt zu den industriekulturell prägnantesten Regionen Deutschlands. Hier verdichten sich Technikgeschichte, Umbrüche und Transformation auf engstem Raum. Ob unter Tage oder am Seeufer, im Museum oder auf der Festivalbühne – Industriekultur zeigt sich hier als Erlebnisraum mit Tiefe.

Vanlife-Event in Ferropolis

Stadt aus Eisen: Ferropolis und die neue Bühne der Erinnerung

Fünf Kolosse ragen am Ufer des Gremminer Sees in den Himmel. Big Wheel, Mad Max, Medusa, Mosquito und Gemini: Die früheren Tagebau-Giganten wirken wie Kulisse und Denkmal zugleich. Wo einst Braunkohle gefördert wurde, liegt heute Ferropolis – die „Stadt aus Eisen“. Die Maschinen sind begehbar, ihre Aussichtsplattformen öffnen den Blick auf Landschaft im Wandel. Internationale Festivals wie splash! bringen seit Jahren Musik und tausende Menschen auf das Gelände. Als einer der Ankerpunkte der Europäischen Route der Industriekultur zeigt Ferropolis, wie Erinnerung, Zukunft und Gegenwart ineinander greifen.

Pioniere der Technik: Luftfahrt und Maschinenwelten

In Dessau nahm der Traum vom Fliegen konkrete Form an. Hugo Junkers entwickelte hier das erste Ganzmetall-Verkehrsflugzeug der Welt, das 1919 abhob. Über 400 Patente gehen auf sein Konto. Das Technikmuseum „Hugo Junkers“ zeigt Originalmaschinen, den historischen Windkanal von 1934 und das ikonische Junkers-Stahlhaus. In Magdeburg ergänzt das Technikmuseum das industriekulturelle Bild um Schwerindustrie, Stahlguss und Mobilität. In einer alten Krupp-Gruson-Werkhalle warten Lokomotiven, Maschinen und virtuelle Erlebnisse darauf, entdeckt zu werden. Zwei Museen, zwei Standorte – verbunden durch Neugier und technisches Denken.

Besucher im Technikmuseum Magdeburg
Besucher im Industrie- und Filmmuseum Wolfen

Chemie, Film und Zukunft: das Dreieck zwischen Bitterfeld, Leuna und Wolfen

Das Mitteldeutsche Chemiedreieck zählt zu den prägenden Industrielandschaften Deutschlands. Zwischen Bitterfeld, Wolfen, Leuna und Buna entstanden Meilensteine der Chemiegeschichte, zum Beispiel die erste Kunstseide, das erste PVC und der erste Farbfilm. Das Industrie- und Filmmuseum Wolfen erzählt von der Zeit der Agfa, vom Alltag im Kombinat und von den Menschen hinter der Produktion. Das Deutsche Chemie-Museum Merseburg führt in die Tiefe chemischer Verfahren ein und zeigt, wie sich Produktion und Gesellschaft wandelten. Heute stehen moderne Chemieparks für eine neue Phase: vernetzt, automatisiert, zukunftsgerichtet.

Bergbaulehrpfad Wettelrode

Kupfer, Halden und ein Land in Bewegung

800 Jahre Kupferbergbau prägten das Mansfelder Land. Der Abbau von Erzen – neben Kupfer auch Silber, Rhenium und Germanium, formte Landschaften, Dörfer und Biografien. Im Schaubergwerk Röhrigschacht führt eine Grubenbahn 300 Meter tief unter Tage. Wer mitfährt, taucht ein in den Arbeitsalltag unter Tage – zwischen Gestein, Feuchtigkeit und dem Rhythmus der Schicht. Die Mansfelder Bergwerksbahn, älteste betriebsfähige Schmalspurbahn Deutschlands, bringt Besucher durch eine Haldenlandschaft, in der die Abraumhalden wie Pyramiden wirken. Der Bergbau mag ruhen, aber seine Spuren sind sichtbar – in der Erde, in den Erzählungen, in der Luft.

Haldenführung auf dem Kalimandscharo Zielitz

Weißes Gold und graue Mauern: Salz, Zucker und Handwerk

In Halle wird seit Jahrhunderten Salz gewonnen. Die Halloren-Saline mit ihren historischen Pfannenhäusern gehört zu den ältesten noch aktiven Produktionsstätten Europas. Im Technischen Halloren- und Salinemuseum zeigt sich die Geschichte des „weißen Goldes“ zwischen Tradition, Handwerk und Wissenschaft. Auch in der Magdeburger Börde zeugen Zuckerfabriken und landwirtschaftliche Industrien von der Kraft regionaler Rohstoffe. Viele dieser Orte sind bis heute produktiv oder wurden behutsam für Besucher geöffnet. Industriekultur heißt hier nicht Stillstand, sondern Weiterarbeit.

Freilichtmuseum Ferropolis im Gremminer See

Kohle-Dampf-Licht-Seen-Route

Wo einst Kohle gefördert wurde, liegt heute Wasser. Die „Kohle-Dampf-Licht-Seen-Route“ folgt über 160 Kilometer den Spuren der Energiewirtschaft. Radwege führen zu Kraftwerken, Bergbauorten und neuen Seenlandschaften. Das Kraftwerk Vockerode zeugt noch von der Großtechnik der DDR-Zeit, während die Arbeitersiedlung Piesteritz ein Bild sozialer Planung vermittelt. Dazwischen öffnen sich Seen wie der Gremminer oder Geiseltalsee – Orte für Erholung, aber auch für Auseinandersetzung mit Wandel. Eine Reise durch Veränderung.

Technisches Denkmal Ziegelei Hundisburg

Ziegel und Feuer: Die Schauziegelei Hundisburg

Unweit von Haldensleben liegt die Schauziegelei Hundisburg. In den historischen Ringöfen wird die Geschichte der Ziegelproduktion lebendig. Maschinen, Werkstätten und Ausstellungen zeigen den Alltag der Ziegler und die Bedeutung des Baustoffs für die Region. Heute verbindet die Schauziegelei Handwerk, Industriekultur und Kulturveranstaltungen und macht so ein wichtiges Kapitel regionaler Industriegeschichte erlebbar.

Wasser verbindet: Das Wasserstraßenkreuz Magdeburg und das Pretziener Wehr

Blick auf das Wasserstraßenkreuz Magdeburg

Im Norden Sachsen-Anhalts kreuzen sich die Wasserwege in einer Dimension, die europaweit einzigartig ist. Das Wasserstraßenkreuz Magdeburg verbindet Elbe, Mittellandkanal und Elbe-Havel-Kanal über Brücken, Schleusen und Hebewerke. Es gilt als das größte seiner Art in Europa. Technik und Landschaft greifen hier ineinander und machen den Ort zu einem der bedeutendsten wasserbaulichen Knotenpunkte. Von Aussichtspunkten und auf Führungen eröffnet sich der Blick auf die Ingenieurskunst und ihre Bedeutung für den Schiffsverkehr.

 Pretziener Wehr

Etwas weiter südlich, am Elberadweg bei Schönebeck, liegt das Pretziener Wehr – ein technisches Meisterwerk des 19. Jahrhunderts. Es schützt seit über 150 Jahren zuverlässig vor Hochwasser und gilt als eines der bedeutendsten historischen Wehre Europas. Bis heute funktioniert es nach seinem ursprünglichen Prinzip – eine stille Ingenieursleistung, die zeigt, wie Technik, Natur und Verantwortung zusammenwirken.

Hubbrücke in Magdeburg

Industriekultur erleben – alle Standorte im Überblick

Die Website des Netzwerks Industriekultur Sachsen-Anhalt bietet Orientierung, Hintergründe und konkrete Besuchstipps. Hier finden sich alle Standorte, Routen und Museen – thematisch gebündelt und mit aktuellem Veranstaltungskalender:

Industriekultur Sachsen-Anhalt